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New Work bei Bosch:
Die Innovationsfähigkeit sichern

Interview mit: Peter Schröckelsberger

Bosch New Work
© Bosch Marius Höfinger

Die Transformation der Arbeitswelt ist für das Unternehmen Bosch mehr als ein nettes Thema für die Arbeitgeberbroschüre. Neue Arbeitsweisen sollen vielmehr dazu beitragen, die Innovationsfähigkeit des Technologiekonzerns zu sichern und ihn damit zukunftsfähig zu halten. Was das für die HR-Abteilung bedeutet, erklärt Peter Schröckelsberger, Personalleiter bei Bosch Österreich.

Herr Schröckelsberger, wie relevant ist das Konzept New Work für Bosch Österreich?
Aus unserer Sicht treibt die zunehmende Vernetzung den Wandel in der Arbeitswelt voran. Wir wollen langfristig innovativ und erfolgreich sein. Daher brauchen wir agile Formen der Zusammenarbeit und agile Führungsmechanismen. Und das steht in einem engen Zusammenhang mit New Work, wobei wir bei Bosch von Smart Work sprechen.

Was bedeutet Smart Work für Bosch?
Smart Work umfasst die verschiedenen Aspekte, die eine produktive Zusammenarbeit fördern. Es geht zum einen um die Räumlichkeiten: Wir haben in Entwicklung und Verwaltung zum Beispiel Großraumbüros für alle eingeführt mit verschiedenen Bereichen, in denen man konzentriert arbeiten, sich mit anderen austauschen, Meetings abhalten, essen oder einen Kaffee trinken kann. Unser Anspruch ist, dass die Büros so attraktiv sind, dass alle gerne zur Arbeit kommen. Smart Work umfasst aber auch die Frage, wie wir zusammenarbeiten wollen. Es ist ein Kulturwandel.

Worin besteht dieser Kulturwandel?
Mit Smart Work wollen wir die Autonomie bei der Gestaltung des Arbeitsalltags und damit Spitzenleistungen fördern. Wir entwickeln das Modell der künftigen Zusammenarbeit mit den Teams. Das heißt, wir organisieren „Smart-Work-Workshops“, in denen wir beispielsweise gemeinsam festlegen, welche Meetings wir vor Ort machen und welche online. Jeder Bereich hat eigene Bedürfnisse. Daher brauchen wir maßgeschneiderte Lösungen. Innerhalb der bestehenden Vereinbarungen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Abstimmung mit der Führungskraft autonom bei der Wahl des Arbeitsortes. Wir führen über Ergebnisse und nicht über Präsenzkultur. Dabei gehen wir weg von individuellen Zielen – und setzen vielmehr auf gemeinsame Ziele und auf agiles Arbeiten.

Wie funktioniert das agile Arbeiten bei Bosch?
Wir verwenden agile Methoden wie Scrum schon länger in der Softwareentwicklung – und betrachten sie als Weg, Innovationen voranzutreiben. Zusätzlich dazu nutzen wir in einigen Bereichen die OKR-Methode, also „Objectives and Key Results“. Das bedeutet, dass wir Team- oder Abteilungsziele entwickeln und davon Key Results ableiten. Es gibt kaum noch individuelle Einzelziele, vielmehr Teamverantwortlichkeiten. Das gilt für Teams, die über Jahre hinweg bestehen, ebenso wie für solche, die wir für bestimmte Projekte zusammenstellen. Denn wir versuchen zunehmend, abteilungsübergreifend zu arbeiten.

Wichtig ist außerdem, dass wir im Sinne des agilen Arbeitens bei der Entwicklung neuer Konzepte versuchen, Offenheit, Lernbereitschaft und Fehlertoleranz mitzubringen. Wir probieren Dinge aus – und überprüfen später, ob sie sich bewährt haben. Dabei arbeiten wir mit „Retrospektiven“: Wir setzen uns ein paar Wochen oder Monate nach der Einführung von etwas Neuem noch mal zusammen und überlegen, was gut läuft, was wir verbessern müssen und was wir sein lassen.

Inwieweit arbeitet die HR-Abteilung agil?
In der HR-Abteilung haben wir das agile Arbeiten vor dem Corona-Ausbruch begonnen – und sind zunächst kläglich gescheitert. Das hing teilweise mit den Rahmenbedingungen der Pandemie zusammen, aber auch mit der Tatsache, dass wir anders arbeiten als eine Softwareentwicklungsabteilung und eigene Wege gehen müssen. Nachdem wir das Projekt zunächst auf Eis gelegt hatten, ist das HR-Team im vergangenen Jahr wieder auf mich zugekommen und wollte sich das Thema noch mal anschauen. Die Initiative ging von den Mitarbeitenden aus – und das war schön, weil man agile Methoden nicht überstülpen kann. Die Menschen müssen sie tragen. Und so haben wir im Sommer 2021 begonnen, unsere agile Arbeitsweise zu entwickeln.   

Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Wir haben zuerst in Workshops analysiert, welche Rollen wir künftig in HR brauchen und wie diese Rollen genau zugeschnitten sein sollen. Dabei haben wir die Rolle des „Partners“ und die des „Experten“ genau definiert. Zunächst dachten wir, dass wir mit den beiden Rollen alles abdecken können, aber in einem zweiten Schritt wurde uns bewusst, dass wir noch eine Führungsrolle einbauen müssen. Die Definition der Rollen hat mehr Zeit eingenommen, als ich vorher angenommen hatte. Aber wir sind im Prozess darauf gekommen, wie wichtig ein gemeinsames Verständnis der Rollen ist, um agil zusammenarbeiten zu können. Besteht dieses Verständnis nicht, arbeitet jeder an seinen Themen, aber nicht zielgerichtet. Erst als die Rollen für uns klar waren, haben wir im nächsten Schritt die Art der Zusammenarbeit festgelegt und definiert, was wir unter Smart Work verstehen und was die Schritte dahin sind. Sechs Monate später haben wir uns wieder getroffen und überprüft, ob wir diesen Weg so weitergehen wollen und was wir ändern möchten.  

Wie zeigt sich „Smart Work“ heute in Ihrer HR-Arbeit?
Wir arbeiten heute nach der OKR-Methode und stellen zunehmend Teams für bestimmte Projekte zusammen. So entwickeln wir gerade unser Onboarding-Konzept weiter und haben dabei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Recruiting, Development, HR-Businesspartner und Service involviert. Wenn die OKRs erfüllt und die Ziele erreicht sind, lösen wir das Team auf und wenden uns neuen Schwerpunkten zu. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass wir alle wichtigen Bereiche an der Entwicklung des Konzepts beteiligen, was uns spätere Verbesserungsschleifen erspart. Wir binden auch bei anderen Themen Betroffene ein. So setzen wir im Recruiting zunehmend auf Team Stuffing, Das heißt, dass die Mitarbeitenden der jeweiligen Fachbereiche an Auswahlgesprächen für neue Kolleginnen und Kollegen teilnehmen und über die Einstellung mitentscheiden.

Zudem versuchen wir, eine positive Feedbackkultur zu fördern. Wir organisieren beispielsweise Individuell Development Dialogues (IDD), die der persönlichen Entwicklung dienen. Dafür holen sich Beschäftigte und Führungskräfte vorab Feedback von verschiedenen Stakeholdern. In den Gesprächen geht es um Fragen wie: Was ist mein Beitrag? Was motiviert mich? Was sind meine Stärken? In welchen Feldern möchte ich mich weiterentwickeln? Damit gehen wir weg von Zielerreichungsdiskussionen. Denn diese passt nicht zur OKR-Methode, die ja auf Teamziele setzt. Stattdessen unterstützen wir die persönliche Entwicklung und die Fähigkeit, Feedback zu geben und anzunehmen.

Was verändert sich durch Smart Work und agiles Arbeiten in Ihrer Organisation?
Wir befinden uns mitten im Transformationsprozess. Smart Work beschreibt unsere künftige Arbeitswelt, auf die wir uns hinbewegen. Wir sind dort noch nicht angekommen. Aber der große Treiber ist für uns, dass wir mit den Veränderungen, die wir anstoßen, und den Methoden, die wir einführen, die Innovation bei Bosch fördern wollen. Auch die Autonomie in der Arbeitsgestaltung, die wir Mitarbeitenden einräumen, zahlt auf Innovationsfähigkeit ein. Wir ermöglichen beispielsweise Top-Sharing, also Führen in Teilzeit, um gerade jungen Führungskräften, die aus der Karenz kommen, Perspektiven zu geben. Ganz wichtig ist uns bei allem, was wir tun, ein gemeinsames Verständnis der Instrumente und Rollen zu entwickeln, mit denen wir arbeiten. Denn nur dann funktioniert die Zusammenarbeit gut. Außerdem wollen wir eine positive Fehlerkultur fördern, um lernbereit und offen zu bleiben.

Interview: Bettina Geuenich

 

Quelle: Dieses Interview ist zuerst in Ausgabe 1/2023 der Zeitschrift personal manager erschienen. 

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